Zum Hauptinhalt springen

Geschichte

Anfänge

Die Anfänge unserer Kirchengemeinde liegen in der Mitte des neunten Jahrhunderts. Eine lange Geschichte, die sich in den Bauepochen unserer Kirche widerspiegelt. Die folgenden Jahrhunderte liegen im Dunkel.

Reformation I: Lutherisch

Hell wird es, als die Sayn-Wittgensteiner Grafen im Jahr 1563 die Reformation im Homburger Land einführten. Die treibende Kraft war Graf Ludwig der Ältere. Er war einer der bedeutendsten Persönlichkeiten seiner Zeit. Graf Ludwig sprach und verstand viele Sprachen und hatte sich intensiv mit theologischen Fragen befasst. Seine Devise lautete: „En Dieu ma demeure.“, zu deutsch: „Bei Gott habe ich eine feste Statt.“

Reformation II: Reformiert

Später wandte sich Graf Ludwig der Ältere immer mehr den Schweizer Reformatoren Zwingli und Calvin zu und war deren eifrigster Vorkämpfer. Er hatte einen guten Überblick über das, was damals in Europa geschah, war er doch einmal Kammerherr im Hofstaat von Papst Paul dem IV. gewesen. Zudem kam Graf Ludwig  selbst in Verbindung mit den Theologen Olevian und Usinus, den Verfassern des Heidelberger Katechismus (Bild?).

Zwischen 1602 und 1605 ging es in den Homburger Kirchspielen drunter und drüber. Der Wittgensteiner Graf (Ludwig) schickte darauf seinen Hofprediger Pfarrer Crozius aus Laasphe nach Nümbrecht. Mit ihm setzte er die reformierte Kirchenordnung durch und führte den Heidelberger Katechismus (das reformierte Bekenntnis) ein (1605).

Jetzt ordnete der Graf sein heruntergekommenes Land Homburg neu und führte das reformierte Bekenntnis ein.

Graf Ludwig der Ältere starb auf seiner Reise von Nümbrecht ins Wittgensteiner Land am 2. Juli 1605. Sein Sohn Georg führte sein Werk weiter.

Zu dieser Zeit sagten die Grafen über die Menschen im  Homburger Land: ... dass sich die Gemeinde in ihrer Herrschaft Homburg durch die Gnade Gottes zu dieser christlichen Lehr, dem Genuss der Sakramente und überhaupt im Lebenswandel so vortrefflich verhalten und gestellt habe, dass man dem Allmächtigen dafür nicht genug danken  könne.(1)

Das Besondere an der reformierten Lehre war das strenge Heranziehen der Gemeinde zum Gottesdienst, die Unterweisung, die Betonung der Buße zur Erweckung des Glaubens, die Verantwortung der Ältesten und die Einführung der Psalmen in den Kirchengesang.

In der weiteren Entwicklung, um 1611, wurden alle Altäre und Bilder aus den Kirchen entfernt oder übertüncht. Rechts im Chor ist noch eine der Fresken aus der Zeit um 1500 zu sehen, die aber leider sehr verblasst ist. Selbst die durch die Fürsten hergestellten barocken Teile waren viele Jahre mit weißer Farbe überpinselt.

Die reformierte Tradition ist bis heute sichtbar.

So finden sie keinen Altar, sondern nur einen Abendmahlstisch.

Auf ihm befindet sich seit Dezember 2003 ein kleines Kreuz (Der Eckstein) des Berliner Künstlers Kabukii Kaa (Kassiel Kaehler). Es interpretiert - der reformierten Tradition entsprechend - ein zentrales Bibelwort.

Das Homburger Land um die Reformationszeit

Leider gab es im Homburger Land oft viel Not. Besonders der 30-jährige Krieg und die Misswirtschaft der nachfolgenden Grafen führten das Land in tiefe Armut. Über die Lebensverhältnisse der Pfarrer aus jener Zeit wissen wir wenig. Sie mußten oft hart kämpfen, um mit ihren Familien zu überleben. Einigen ging es dabei leider nicht um das Heil ihrer "Schäflein", sondern um persönliches Wohlergehen und oft auch um Einfluss und Macht.

Pfarrer Thümmel

Das wurde anders, als im Jahre 1846 der Pfarrer Ernst Hermann Thümmel in die Gemeinde kam. Ihm war der Glaube an Jesus Christus ein persönliches Herzensanliegen und nicht nur eine theologische Verstandesfrage. Er predigte volkstümlich, derb und drastisch in der Kraft des Heiligen Geistes, so dass viele Menschen aufwachten.

6000 Menschen - alle evangelisch - lebten damals in der Gemeinde; zu viele für all die zu kleinen landwirtschaftlichen Betriebe, die die Familien nicht ernähren konnten. Die Männer machten sich im Sommer zu Fuß auf den Weg, um in Wuppertal und in anderen Städten als Maurer und Pflasterer zu arbeiten.

Thümmel nahm den Kampf gegen den Brandwein auf und gründete einen Enthaltsamkeitsverein, dessen Mitgliederzahl bei seinem Nachfolger auf 766 Frauen und Männer stieg. Das hatte heilsame Folgen. Die Frauen gewannen neuen Mut zum Leben, ein bescheidener Wohlstand stellte sich ein. Thümmel holte eigenhändig die Männer mit dem Stock aus den Wirtshäusern. Eines Tages trat er in die Wirtsstube eines Gastwirtes und erklärte: Nächste Woche ist hier Bibelstunde. Gott bekannte sich zu seinen Gewaltmaßregeln. Aber es regte sich auch harter Widerstand in der Gemeinde und unter den berufenen Repräsentanten.

1851 verließ er die Gemeinde. Seine Abschiedsrede ist im Wortlaut erhalten und zeigt, mit welch brennender Liebe er die Botschaft der Bibel an seine Nümbrechter weitergegeben hat.

1851-1897

Pfarrer Engels

 

Im Jahre 1851 begann der Dienst des stillen vollmächtigen Pfarrers Jacob Gerhard Engels.

In Nümbrecht sagte man: „Der Thümmel musste mit der Axt kommen, der Engels kam mit dem Hobel“. Er besorgte das Feinere und glättete. 45 Jahre wirkte Pastor Engels in Nümbrecht. Er war nicht verheiratet. Dafür kümmerte er sich besonders um elternlose Kinder und gründete ein Waisenhaus. Der Waisensaal aus jener Zeit steht noch auf dem Dorfplatz und wird für die evangelische Diakoniearbeit genutzt. Engels betrieb ganz bewusst Familienmission. Überall richtete er Hausversammlungen ein.

Außerdem war er ein dienender Pfarrer, der weite Wege zu Fuß machte und ein gewaltiges Potential an Amtshandlungen in den verschiedenen Orten zu bewältigen hatte (ca. 180 Taufen, 170 Beerdigungen und 50 Trauungen im jährlichen Durchschnitt).

Sein Versuch, das Evangelium in die Familien hineinzutragen konnte gelingen, weil sich mehr und mehr Männer aus der Gemeinde bereitfanden diese Aufgabe mitzutragen. So gründete er schon im Jahr 1852 den ersten Jünglingsverein (CVJM).

Erweckung

In den Jahren nach 1877 gab es dann einen Aufbruch des Evangeliums, den wir mit Erweckung bezeichnen. Bis zu 1700 Menschen kamen sonntäglich in den Gottesdienst, obwohl die Nümbrechter Kirche höchstens 850 Plätze hat. Die einen saßen, die anderen standen.

Mitten in der Predigt gab es eine Unterbrechung. Ein Lied wurde gesungen und dann wechselte man.

In diesen Jahren standen ihm vollmächtige Hilfsprediger zur Seite, darunter die Pastoren Haarbeck, Weigel, Mockert (der sein Nachfolger wurde) und Pastor Christlieb, den späteren Pfarrer von Heidberg.

Neuere Zeit

Im 20. Jahrhundert haben in den drei Bezirken unserer Gemeinde 20 Pfarrer gewirkt. Viele sind unvergessen.

Durch beide Weltkriege hindurch hat Gott seine Gemeinde trotz manchen Versagens geführt.

In den Jahren 1984/85 ging die Gemeinde durch eine Zeit voller interner Spannungen und Schwierigkeiten. Viele Gläubige waren im Begriff, der Kirche den Rücken zuzukehren und eine neue Gemeinde zu gründen. Die Geschwister wählten den Weg der Versöhnung und des Friedens und der Herr hat diesen Weg gesegnet.

Ein neuer Aufbruch führte zu einem regen Gemeindeleben. Es entstanden 25 Frauen- und Mütterkreise sowie 40 Hausbibelstunden oder Hauskreise in den verschiedenen Dörfern. In der Gemeindebibelstunde am Mittwoch kamen mehr als 100 Menschen aus allen Bezirken zusammen, um sich durch Gottes Wort besonders für den Alltag und die Mitarbeit in der Gemeinde ausrüsten zu lassen.

Auch die Arbeit des Blauen Kreuzes wurde als Teil der Gemeindearbeit ausgebaut.

Die Arbeit unter Jugendlichen und Kindern entwickelte sich, so dass man dafür Mitarbeiter einstellte: einen Jugendreferenten für die Jugendarbeit und vier CVJM-Gruppen und eine Gemeindereferentin für sieben Kindergottesdienste und die vielen Kindergruppen.

Für all diese Arbeitsbereiche wurde das Gemeindehaus 1992 stark vergrößert.

Gleichzeitig engagierte sich die Gemeinde in missionarischen Aufgaben in Papua-Neu-Guinea, Mikronesien, Tansania, Bolivien, Spanien und in der Prignitz mit einer missionarischen Kinder- und Gemeindearbeit.